Beim "freihändigen" zupfen, besser gesagt:

Anschlagen der Saiten mit den Fingern

haben die Gitarristen häufig das Bedürfnis,

ihre Anschlaghand auf der Gitarre abzu-

stützen,um beim Spielen mehr Sicherheit

in der Orientierung und der Treffsicherheit

der Finger im Anschlag der Saiten

zu bekommen.

 

Bei der üblichen Spielhaltung eines

klassischen Gitarristen, liegt der Unterarm

der Anschlaghand auf dem oberen Rand

vom Gitarrenkorpus, in einer

ausbalancierten, freischwebenden

Position auf.

 



(Bild: Fernando Sor)


Von bedeutenden klassischen Gitarrenlehrern

wurde empfohlen, die freischwebende

Anschlaghand zusätzlich auf dem Instrument

abzustützen.

 

 

Der Gitarrenlehrer, der klassischen Gitarre:

Fernando Sor empfahl in seinem 1830 erschie-

nenen Lehrbuch: "Méthode pour la Guitare",

den Kleinen Finger auf dem Gitarrensteg

aufzusetzen oder den Kleinen Finger auf der

Gitarrendecke unterhalb der dünnsten Saite

aufzustützen.

 

 

So haben die Lehrer der Klassischen Gitarre:

Sor, Aquado, Tarrega und Carcassi,

alle in einer Anschlag-Technik gespielt,

indem sie alle den Kleinen Finger der Zupfhand

auf dem Steg oder dem Gitarrenkorpus

aufgesetzt haben.

 

Ratschläge die Anschlaghand während des

Spieles abzustützen, werden bis heute in un-

zähligen Gitarrenbüchern und Gitarren-

Fachzeitschriften gegeben.


Diese Vorschläge

haben aber alle große Nachteile:

Mit der Methode, den Kleinen Finger auf dem

Gitarrensteg aufzustützen, die die spanischen

Gitarristen: Sor und Aguado empfehlen, ist ein

Anschlag der Saiten nur an einer Stelle möglich,

die sich zu nahe am Steg befindet.

 

Dadurch können jedoch nur leise und harte

Töne entstehen wobei das Instrument sein

Klangvolumen nicht voll entfalten kann.

Durch das Abstützen des Kleinen Fingers

der Anschlaghand auf der Gitarrendecke,

seitlich neben der dünnsten Saite, entsteht

eine ergonomisch und anatomisch sehr

ungünstige Handhaltung für das Anschlagen

der Saiten mit den Fingern.

 

Das Problem des Abstützens der Anschlag-

hand auf der Gitarrendecke entsteht durch

den zu kurzen, Kleinen Finger der

menschlichen Hand.

 

Statt wie Fernando Sor es empfiehlt sich, mit

dem Kleinen Finger auf der Gitarrendecke

abzustützen, was sehr unergonomisch ist,

stützen manche Klassik Gitarristen sich mit

einen Finger, der gerade nicht zum

Anschlagen der Saiten benötigt wird, oder

dem Daumen, auf einer Saite ab, falls er

nicht gerade für den Bass-Anschlag in dem

Musikstück benötigt wird.

 

Diese Technik ist schwierig, erfordert viel

Übung und ist nur möglich, wenn in einem

Musikstück mindestens eine Saite nicht

gebraucht wird, so dass überhaupt die

Möglichkeit besteht, sich auf einer Saite

abzustützen.

 

 

Literaturhinweise:

 

Moser, Wolf

"Fernando Sor,

Versuch einer Autobiographie

und gitarristische Schriften"

Verlag: Gitarre + Laute, 1984

 

Evans, Tom

"Guitars, music, history,

construktion and players

from the Renaissance to Rock"

Verlag: Oxford University Press, 1977